Sonntag, 6. Juni 2010

Sonntag, 06.06.10

Dünn sein. Ich könnt brechen; ganz ehrlich. Sitze in der Sonne und werde braun- also was heißt braun, etwas rot träfe es besser. Hauptsächlich denke ich aber darüber nach, wieso so viele Mädchen dünn sein wollen. Nicht normal schlank, sonders richtig spargeldürr. So, dass an den Schultern die Knochen rausragen.


Da kommt die Sonne für ein paar Tage raus und man kramt die Shorts aus der letzten Ecke, da gucken einem auf der Straße überall irgendwelche Knochen entgegen; will ich gar nicht sehen. Finds erschreckend, dass immer mehr Mädchen, auch aus meinem eigenen Freundeskreis, unter Essstörungen leiden. Bevor sie sich den Finger in den Hals stecken, werfen sie mit gesenktem Blick noch ein ‚Ich weiß ja wo meine Grenzen sind’ in die Runde. Vielleicht haben sie ihre Grenzen schon längst aus den Augen verloren. Mich überzeugts zumindest nicht.


Das Leben (müsste es anstelle von ‚Leben’ nicht eigentlich ‚Manipulation’ heißen?) in der Mediengesellschaft und die ganzen Modezeitschriften können einem aber auch auf den Sack -gehen. Diese übertrieben unterernährten Laufstegmodels und Heidi Klums ‚Du bist zu fett!’, echt ne verdammt kluge Partie. Zwar ist es so, dass die Zahl der Übergewichtigen in Deutschland von 5,noch was auf 11, noch was gestiegen ist, und das ist denkwürdig, keine Frage, aber auch die Zahlen der anderen Seite steigen erschreckend. Wenn man sich nur mal diese Websites anschaut, auf denen die erfolgreichsten Tipps und Tricks verraten werden, um kein Gramm zuzunehmen, kriegt man doch einen Knall. Wie verheimlicht man Eltern und Freunden, dass man nicht isst, und wie viel Liter Wasser muss man trinken, um nen Apfel zu essen. Von den darauf folgenden Sit-Up’s mal ganz zu schweigen.


Schick ist es ja neuerdings auch, wenn man als richtig dünnes Mädchen behauptet, man äße ganze Tonnen, und in regelmäßigen, kurzen Zeitabständen verkündet, dass man fett (haha) Hunger hat. Daraufhin lässt man sich von jedem Einzelnen fragen, wie man das denn macht und lässt sich bewundern. Ist ja auch ganz schön paradox, wenn man bei den Mengen so unglaublich dürr ist. Aber des Rätsels Lösung lässt sich ohne viel Hokus-Pokus in einem simplen Satz zusammenfassen; man verarscht sich einfach erfolgreich selbst.


Und zwar indem man sich richtig fette Sachen reinpfeift und anschließend ein paar Minütchen verschwindet, um sich das Ganze noch mal durch den Kopf gehen zu lassen.

Oder man isst einfach 500g Naturjoghurt mit einem Fettanteil von 0,1%, behauptet, dass der total super schmeckt und verweigert für den ganzen restlichen Tag das Essen. Mein lieber Herr Gesangsverein, man hat ja jetzt auch schon ne ganze Menge im Bauch.


Habe mal nach Parallelen in der Tierwelt gesucht und auch was gefunden. Ist nämlich so, dass wir Weibchen uns hübsch machen, damit uns die ranghohen Männchen supi finden und wir dann ganz viel Nachwuchs kriegen; also mal platt gesagt. Denn, hübsche Weibchen sind attraktiver für die Männchen und umgekehrt sind die ‚guten’, also ranghohen Männchen nur selten. Das würde dann auch erklären, warum wir Frauen gefühlte 432 paar Schuhe haben und für Stunden vor dem Spiegel stehen.


Gibt aber eine Sache, die mich irritiert; oft ist es bei Tieren so, dass das Weibchen größer und fülliger ist als das Männchen, bei Fröschen zum Beispiel. Die Weibchen schleppen die Männchen sogar auf dem Rücken durch die Gegend. Aber nicht nur in der Tierwelt ist das zu finden, auch bei uns Menschen waren die Maßstäbe der Schönheit mal andere. Auch, wenns schon ein paar Jährchen her ist. Eigentlich war es doch immer so, dass diese richtig fetten Frauen als attraktiv galten. Ein breites Becken und ordentlich was auf den Rippen, so konnte man ganz gut Kinder kriegen und die Erhaltung der Art ist gewährleistet. Aber wenn Mutter Natur auf die Fortpflanzung bedacht ist, wie kann es sein, dass sich dieses Ideal gewandelt hat und auf einmal die Dürren die heißen Partien sind? Jaja, soviel zum Thema Mediengesellschaft.


Glaube, dass all diese Mädchen ein ganz fettes (eigentlich das falsche Wort, finds aber auf eine Art und Weise trotzdem passend) Problem haben und zwar mit dem eigenen Selbstbewusstsein. Für mich bestätigt sich diese These auch durch die superlieben und eigentlich sehr offenen Mädchen, die ich selbst kenne.


Sie sind die Opfer der Schönheitsmaßstäbe und zeigen uns die erschreckende Kehrseite, vor der wir so oft und gern die Augen schließend und uns wegdrehen. Neben des verkackten Selbstbewusstseins vermissen sie vielleicht auch das Gefühl, geliebt zu werden. Daraufhin machen sie sich auf die Suche nach den Gründen für die mangelnde Wertschätzung und diese wird ihnen angesichts des Kontrasts zu dürren Models und Botoxschnittchen der High Society, welche allseits beliebt sind, leicht gemacht. Und so finden sie die Gründe dann schließlich mit einer völlig verschobenen Selbstwahrnehmung auf irrealer Ebene in sich selbst, oder besser, an sich selbst. Denn wer sucht, der findet, egal wie oder was und da wird der einst hübsche Hintern gern schon mal zum verhassten fetten Arsch; der Arme.


Eine meiner besten Freundinnen bewundere ich sehr. Sie hat glaub ich den krassesten Wandel gemacht, den ich bisher erlebt habe. Sie war immer schlank, also normalschlank, aber sie ist generell nie ungeschminkt aus dem Haus gegangen. Man kann sagen, dass sie regelrecht abhängig war von dem, was andere über sie sagten und wenn mal jemand was Negatives raushaute, war sie sofort dabei, den ‚Makel’ zu beheben. Auf diese Weise hat sie sich immer mehr verbogen und ist oft an die falschen Leute gekommen. Nicht im Sinne von irgendwelchen Junkies, sondern Mädchen, die sie ausnutzten, ihr Freundschaft vorspielten und sie hintenrum fertig machten. Und komplett verkackte Kerle, die sie nicht verdient hatten. Habe mich oft gefragt, wie sie das aushält, weil sie eigentlich ein ganz anderer Mensch ist.


Bis zu dem Tag, an dem sie den ganzen Scheiß ablegte und anfing, sie selbst zu sein. Sie lief rum wie sie sich fühlte, machte den Mund auf wann sie wollte und, auch ein wichtiger Punkt, aß was sie wollte.


‚Wenns die Kerle stört, lass ich mir meine Haare einfach so lang wachsen, bis man meinen fetten Arsch nicht mehr sieht. Und damit hats’ sich dann gegessen.’


Das hatte zur Folge, dass sie seitdem nur noch für das, was sie ist geliebt wird und nicht mehr für das, was sie hat.

'Einen Menschen zu nehmen wir er ist, ist noch gar nichts, das muss man immer. Die wirkliche Liebe besteht darin, ihn auch zu wollen, wie er ist.' (Alain)


Und das ist es doch, was wirklich und dauerhaft glücklich macht.


Bonsoir :-)


5 Kommentare:

  1. ich hab zwar auch ein Problem mit essen, finde deinen Eintrag aber durchaus sehr gut. Es ist einfach total super geschrieben und ich finde es bewundernswert wie neutral du dich mit dem Thema auseinandersetzt.
    ;)

    AntwortenLöschen
  2. super. du bringst es auf den punkt! genial.

    AntwortenLöschen
  3. Richtig so!
    Es geht einfach nicht mehr, wenn Leute dass essen wichtiger ist!
    Man sollte mal zeigen, dass auch etwas 'dickere' Leute Models sein können. Man muss andere Maßstäbe setzen!

    AntwortenLöschen
  4. Sehr guter Beitrag!
    Hättest Du Lust auf´s gegenseitiges Verfolgen? Ich hab´ mich schon als Leserin bei Dir eingetragen - ist doch okay, oder? Liebste Grüsse, Nicole :)

    AntwortenLöschen